Wie kann ein Kraftwerksspeicher bewirtschaftet werden, ohne das ökologische Gleichgewicht vor Ort zu beeinträchtigen? Diese Frage soll jetzt ein von der TIWAG initiiertes Forschungsprojekt in Osttirol lösen. Der Tagesspeicher in Tassenbach versorgt das Kraftwerk in Amlach über einen 21,8 km langen Druckstollen mit Wasser zur Stromproduktion, ist seit seiner Inbetriebnahme aber auch zum Lebensraum für verschiedenste Wassertiere und Vögel und damit ein beliebtes Naherholungsgebiet geworden. „Diesen Mehrwert gilt es auch in Zukunft zu erhalten“, steht für TIWAG-Kraftwerksleiter Manuel Fuetsch fest.
Eine besondere Herausforderung sind dabei die Sedimente, die mit dem Wasser transportiert werden und sich mit der Zeit im Speicher ablagern. Diese verringern damit nicht nur den verfügbaren Speicherplatz, sondern haben auch Auswirkungen auf den Wasserhaushalt. „Daher müssen wir den Speicher in regelmäßigen Abständen von diesen Sedimenten befreien, um den Betrieb der Anlage sicherzustellen“, erklärt Manuel Fuetsch. Das Trockenlegen des Speichers, konventionelles Ausbaggern und Deponieren der Sedimente waren einst eine notwendige Methode. TIWAG geht hier neue Wege und möchte im Rahmen eines Pilotprojekts eine umweltverträglichere Methodik finden.
Zwei Jahre Laufzeit
Dem vorausgegangen sind umfangreiche, behördliche Genehmigungsverfahren und technische Vorbereitungsmaßnahmen. „Wir arbeiten seit dem Jahr 2020 an dem Vorhaben. Jetzt liegen endlich alle Freigaben vor und wir können nun mit der Umsetzung beginnen“, informiert TIWAG-Projektleiter Peter Weiskopf. Das Projekt ist zunächst auf zwei Jahre angelegt. Die Sedimente werden dabei mittels eines Saugbaggerbootes vom Speichergrund abgesaugt und dosiert über den Triebwasserweg wieder der Drau zurückgeführt. Ein umfangreiches Beweissicherungsprogramm soll die Umweltverträglichkeit des neuen Verfahrens begleiten und dokumentieren. Sofern sich das Forschungsprojekt in der ersten 2-Jahresphase bewährt und sich keine negativen Auswirkungen auf die Gewässerökologie bzw. auf die Kraftwerksanlage ergeben, steht einer möglichen Verlängerung um weitere 2 Jahre nichts entgegen.
Seit Juli ist das Boot bis voraussichtlich Ende September im Einsatz. Die Positionierung erfolgt über ein Seilwindensystem, wobei die verwendeten vier Seile über Ankerpunkte im Uferbereich fixiert werden. Die abgesaugten Sedimente werden über eine Schlauchleitung zum Triebwassereinlauf geleitet und dort abgegeben. „Dabei gibt es klare Vorgaben, um auch den Wasserhaushalt der Drau nicht zu beeinträchtigen“, so der TIWAG-Projektleiter. Der Fußgänger- und Radfahrerverkehr um den Speicher ist weiterhin uneingeschränkt möglich. Zudem bleibt die Anlage jeweils von Freitag 13:00 Uhr bis Sonntag 24:00 Uhr außer Betrieb.
„Als Landesenergieversorger tragen wir auch eine besondere Herausforderung für die Gesellschaft und unsere Umwelt. Mit diesem Projekt gehen wir einmal mehr in Vorlage, um einen nachhaltigen Betrieb unserer Kraftwerksanlagen sicherzustellen. Bei entsprechendem Erfolg wird dieses Projekt sicher auch von anderen Betreibern übernommen“, betont TIWAG-Vorstandsdirektor Thomas Gasser. Die jährliche Sedimentfracht beträgt allein beim Speicher Tassenbach rund 10.000 bis 15.000 Kubikmeter. Das entspricht der Menge von täglich rund 15 LKW-Ladungen, die nun mittels des neuen Verfahrens zur Herstellung einer möglichst naturnahen Sedimentdurchgängigkeit der Drau wieder zurückgegeben werden können.